Process Mining:
Goldgräberstimmung im Prozessmanagement

Mit datenbasierter Prozessoptimierung zum Unternehmenserfolg

"Process Mining" bezeichnet die automatisierte Geschäftsprozessanalyse auf Basis digitaler Spuren in IT-Systemen.


Hier wird also Data-Mining-Technologie eingesetzt, um Informationen für das Prozessmanagement zu gewinnen und bessere, datenbasierte Entscheidungen treffen zu können.

Unternehmenserfolg durch Prozessoptimierung

Aufgaben & Probleme im Geschäftsprozessmanagement

Das klassische Geschäftsprozessmanagement strebt an, die Kernprozesse des Unternehmens hinsichtlich Kosten, Qualität, Zeit, Effizienz und Volumen zu analysieren und zu optimieren, um die Unternehmensziele zu erreichen.

 

Ob Zugewinn an Marktanteilen oder Erschließung neuer Märkte, Kostensenkung in Produktion oder Vertrieb, Erhöhung von Kunden- oder Mitarbeiterzufriedenheit... all diese Ziele werden in KPIs formuliert und in Qlik oder anderer Business-Intelligence-Software in Echtzeit visualisiert, analysiert & optimiert.

Doch wo liegen die Stellschrauben für die gewünschte Veränderung?

 

Die Stellschrauben für die Erreichung der Unternehmensziele liegen in den Geschäftsprozessen, den logisch verknüpften Tätigkeiten von Mitarbeitern und Maschinen, die miteinander sowie mit Lieferanten, Kunden und externen Partnern interagieren.

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In der Praxis ist jedoch oft unklar, wie genau bestimmte Prozesse eigentlich ablaufen; zudem sind viele Prozesse nur unzureichend in das betriebliche Informationssystem integriert.

 

Lösungsansatz: datenbasierte Optimierung mittels Process Mining

Process Mining Software macht es möglich, Prozessinformationen aus den IT-Systemen des Unternehmens zu extrahieren, grafisch darzustellen und zu analysieren. Das setzt natürlich einen gewissen Grad der Digitalisierung voraus, also eine hinreichende Menge von Datenspuren der geleisteten Tätigkeiten.

 

Vereinfacht gesagt schaut die Software, was Menschen und Maschinen im Unternehmen tun und bildet dies in anschaulichen Flussdiagrammen ab.

 

Process Mining

 

Dahinter stehen smarte Algorithmen, die

  • die Vermerke in den Log-Dateien der IT-Systeme analysieren
  • sinnvoll clustern
  • in ein Modell umsetzen und
  • die modellierten Standardprozesse auf Abweichungen untersuchen, um Engpässe, häufige Fehlerquellen etc. zu identifizieren

 

Das Process Mining bildet damit eine Schnittstelle zwischen dem klassischen Geschäftsprozessmanagement und Data Mining.

Nutzen des Process Mining

Das Process Mining unterstützt das klassische Geschäftsprozessmanagement. Es:

  • vereinfacht + beschleunigt die Prozessdokumentation
  • bietet eine Prozessvisualisierung in Echtzeit
  • erleichtert Prozessoptimierung, organisationsübergreifende Prozessharmonisierung & systemübergreifendes Prozesscontrolling

 

Die Dokumentation und Visualisierung der Geschäftsprozesse wirkt nicht nur deskriptiv, sondern auch integrierend & instruktiv: Viele Prozesse sind über mehrere Personen, Teams und Abteilungen verteilt, die sich gegenseitig beeinflussen, ohne ihre genaue Position im Prozess zu kennen. Process Mining fördert die Transparenz, stärkt Rollenbewusstsein, Verantwortung & Zusammenarbeit im Unternehmen.

 

Wie gut ein Prozess funktioniert, wird mit KPPIs - Key Process Performance Indicators – gemessen. Egal ob Kosten, Durchlaufzeiten oder Compliance – Process Mining erfasst viele Werte jenseits des klassischen Controllings und macht den digitalen Fortschritt messbar.

Für welche Prozesse eignet sich Process Mining?

Grundsätzlich eignet sich Process Mining für jeden zumindest teilweise digitalisierten Prozess. Am häufigsten wird es bei den Top-Level-Geschäftsprozessen angewendet:

 

  • Purchase-to-Pay bzw. Procure-to-Pay (P2P) - Einkauf, Beschaffung bis Rechnungsausgleich
  • Order-to-Cash (O2C) - Vertrieb, Auftragseingang bis Zahlungserhalt; unter Einbezug der Pre-Sales-Tätigkeiten: Lead-to-Cash
  • Marketing to Lead
  • Opportunity to Order
  • Hire to Retire
  • Sustain & Retain - Kundenservice

 

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Doch auch alle anderen Prozesse, die Datenspuren in den IT-Systemen hinterlassen, können analysiert und visualisiert werden: Aus Sicht der Software spielt es keine Rolle, um was für Ereignisdaten es sich handelt. 

Die 3 Modi des Process Mining: Discovery, Conformance Checking & Enhancement

Discovery: Prozessdokumentation & -modellierung

Wenn keine oder nur eine unzureichende formale Beschreibung der Geschäftsprozesse vorhanden ist, gilt es, das verborgene Prozesswissen zu heben: Hier zielt Process Mining auf die Rekonstruktion & Visualisierung der Geschäftsprozesse.


Die automatische Erfassung der Ereignisdaten sowie die anschließende Modellierung & Visualisierung im Flowchart in der Process-Mining-Software ist deutlich schneller, weniger aufwändig und zugleich objektiver, als die herkömmliche Kartierung anhand von Mitarbeiterbefragungen.


Dieses realistische Modell kann anschließend als Grundlage für Standardisierungs- und/oder Optimierungsentscheidungen dienen.


Conformance Checking: Soll-Ist-Vergleich für bestehende Prozessmodelle

Wenn es darum geht, die Umsetzung der Prozessmodelle im betrieblichen Alltag zu überprüfen, ermöglicht das Process Mining eine effektive Prozesskontrolle.

 

Die Erfassung der Ereignisdaten rekonstruiert die tatsächlichen Abläufe und vergleicht diese mit den vom Management vorgegebenen Prozessmodellen. Werden Abweichungen aufgedeckt, ist die Ursache zu prüfen:

 

  • Handelt es sich um eine arbeitspraktisch begründete effektive Ummodellierung untauglicher Vorgaben?
  • Liegt ein Compliance-Problem vor, bei dem die vorgegebenen Schritte aufgrund mangelnder Schulung, Zeitmangel oder einfach Bequemlichkeit übersprungen werden?

 

Ohne die datenbasierte Analyse bleiben solche Abweichungen oft lange unbemerkt oder werden als Einzelfall abgetan. Hier bietet das Process Mining ein effektives Tool für das kontinuierliche Prozesscontrolling und liefert eine solide Datenbasis für anschließende Optimierungsmaßnahmen.

 

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Quelle: mpm-processmining.com

Enhancement: Prozessoptimierung für optimale Performance

Process Mining bietet zudem ein effektives Tool zur Echtzeit-Überwachung & Optimierung bestehender Prozesse. Dabei werden typischerweise zwei Ziele verfolgt:

 

  • verbesserte Compliance, d.h. die Beseitigung von Soll-Ist-Abweichungen durch Anpassung oder Erweiterung des Prozessmodells 
  • verbesserte Performance, gemessen an KPPIs (Key Process Performance Indicators) – Hier gilt es, Engpässe oder typische Fehlerquellen zu erkennen, um das Prozessmodell entsprechend zu optimieren und dadurch eine Zeitersparnis, Kostenreduktion oder geringere Fehlerquote zu erreichen. 

Process Mining in der Praxis: Wie gehe ich vor?

1. Projektdefinition

Jedes Process-Mining-Projekt beginnt mit der Festlegung von Umfang und Zielen bzw. Fragen der geplanten Datenanalyse. Dabei werden bestehende Prozessmodelle, sofern vorhanden, mit einbezogen und auf relevante Indikatoren überprüft.

 

2. Datenbereitstellung: Logfiles, Events & Datenqualität

Nun gilt es, die zur Fragestellung passenden Daten aus den betrieblichen IT-Systemen herauszuziehen und zu Prozessmodellen zu transformieren:

 

  • Prozessdaten lokalisieren & auswählen – oft sind die Daten nicht nur auf mehrere dutzend Tabellen, sondern auch über mehrere Systeme verteilt
  • Verbindung der Process-Mining-Software mit den entsprechenden Systemen –für gängige EIS sollte es Standard-Schnittstellen geben, bei unternehmensspezifischen Systemen erfolgt der Zugriff über offene APIs
  • Extrahieren & Zusammenführen der Ereignisdaten aus den Log-Dateien verschiedener Systeme 
  • Qualitätsanalyse & Datenbereinigung – bspw. Umgang mit fehlenden Werten & Ausreißern, Pseudonymisierung gemäß DSGVO
  • Transformation der Daten zu Prozessen – sinnvolles Clustern von Ereignisdaten zu einem "Event"

 

Je besser die Datenqualität, desto aussagekräftiger die Ergebnisse. Grundvoraussetzung ist eine korrekte und automatische Aufzeichnung der Ereignisdaten – bspw. in einem ERP-System oder sonstigen Geschäftsanwendungen. Noch vorteilhafter sind eine zusätzlich systematische Aufzeichnung im Ereignislog von BPM- /Workflowmanagementsystemen sowie eine wohldefinierte semantische Annotation.

Anders gesagt erfordert jedes Event mindestens drei Angaben:

 

  • Case-ID
  • Zeitstempel
  • Aktivitätsbezeichnung
  • zusätzliche Angaben wie Bezug zu einem Geschäftsprozess - bspw. Auftragsnummer, Bearbeiter, Standort etc. 

 

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3. Prozessanalyse: Compliance, Performance, Problemursachen

Die Process Mining Software verdeutlicht Standardpfade und Pfadabweichungen in einem digitalen Flussdiagramm. Hier zeigt sich oft, wie komplex selbst vermeintlich einfache Prozesse in der betrieblichen Praxis tatsächlich sind.
Nun wird anhand der Prozessvisualisierung geprüft, inwieweit die tatsächlichen Abläufe den vorgegebenen Prozessmodellen folgen, wie gut die Prozesse funktionieren und wo es ggf. Schwachstellen, Engpässe und Fehlerquellen gibt.


Aktuell ist dies noch Aufgabe der Nutzer, doch arbeiten mehrere Software-Anbieter bereits an einer automatischen Performanz- & Problemanalyse mittels künstlicher Intelligenz.

 

4. Process Redesign:

Nun gilt es, die aufgedeckten Problemstellen anzugehen und das Prozessdesign zu optimieren. Das heißt konkret: Erarbeitung und Bewertung von Alternativen, Umsetzung der gewählten Lösung und Erfolgskontrolle.

 

Wichtige Erfolgsfaktoren beim Process Redesign:

 

  • Einbindung der betroffenen Mitarbeiter & Teams
  • iterative kontinuierliche Optimierung statt großer Umbrüche
  • Schaffung interaktiver Prozesse, deren korrekte Durchführung durch BPM-Software gesteuert wird
  • weitmögliche Automatisierung besonders zeitaufwändiger Prozess-Abschnitt
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Beispiele für Einsatzgebiete von Process Mining...

 ... im Einkauf - Purchase-to-Pay/Procure-to-Pay

Ob unvorteilhafte Verträge, verspätete Lieferung oder ärgerliche Reklamationen - wenn es im Einkauf hakt, wirkt sich dies schnell auf das gesamte Unternehmen aus.

 

Hier zielt das Process Mining auf die Auswahl geeigneter Lieferanten und die Optimierung der Lagerbestände, auf die verbesserte Performance der Beschaffungsprozesse sowie die Reduzierung von ‚Maverick-Buying‘ jenseits derselben.

 

Klassische KPPIs für den Einkauf sind:

  • Skonto-Ausschöpfung
  • Anfrage- und Bestelldurchlaufzeiten
  • Nachbearbeitungs- & Reklamationsrate

... in der Produktion

Ob Lager- oder Auftragsfertigung, Einzel-, Klein- oder Großserien – in der Produktion geht es um den steten Spagat zwischen Kundenzufriedenheit und Wirtschaftlichkeit.

 

Mit Process Mining ermitteln Sie konkrete Ansatzpunkte zur Minimierung der Ausschussproduktion, zur Reduzierung der Durchlaufzeiten und zur Optimierung von Lagerhaltung & Auslastung.

 

Wichtige KPPIs für die Produktion sind:

  • Lagerbestand
  • Durchlaufzeiten
  • Lieferzeit & -genauigkeit
  • Kundenbeschwerden

... im Vertrieb

Ob Waren- oder Service-Geschäft, durch Schwachstellen im Order-to-Cash-Prozess verliert Ihr Unternehmen Aufträge, Kunden und Liquidität.

 

Das Process Mining hilft bei der Identifikation problematischer Ereignisse, insbesondere der Ablehnung, Verzögerung oder Stornierung von Bestellungen infolge fehlerhafter Bestelldaten, fehlerhafter Auftragslimits, langwieriger Bonitätsprüfungen oder Bestandsproblemen, fehlerhafter Rechnungsstellung sowie unvollständiger oder verspäteter Lieferung.

 

Zentrale KPPIs für die Vertriebskanäle:

  • Angebots- & Auftragsdurchlaufzeiten
  • Bestellkorrekturen
  • termintreue Lieferungen
  • Retouren
  • termingerechter Zahlungseingang

... in Logistik & Supply-Chain-Managment

Ob Wareneingang, Lagerhaltung, Kommissionierung, Warenausgang, Transport, Retouren... – je vielfältiger die Waren und je zahlreicher die Teilnehmer der logistischen Prozesse, umso wichtiger sind effiziente Prozesse.

Dank Process Mining können Sie Verzögerungen und Fehler in der Supply Chain analysieren, Zulieferer fundiert bewerten und dafür sorgen, dass stets alles pünktlich am richtigen Ort ist.

 

Essenzielle KPPIs für den Logistik-Bereich:

  • präzise Lagerbestände
  • Sendungszahl
  • Lager-, Transport- & Lieferkosten
  • termintreuer Versand
  • perfekte Bestellungen %

... im Finanzmanagment

Ob Rechnungseingang, Kreditorenbuchhaltung oder Jahresabschluss – im Bereich Finanzen sind die Themen Benchmarking, Compliance & Manipulationsvermeidung besonders wichtig.

 

Process Mining bietet ein Instrumentarium zur Schaffung effizienter Prozesse und damit ganz konkret zur Freisetzung von gebundenem Kapital.

 

Typische KPPIs für den Finanzbereich sind:

  • Skonto-Ausschöpfung
  • Verzugszinsen
  • Durchlaufzeiten (Rechnungseingang -> Verbuchung, Rechnungsstellung -> Zahlungseingang)
  • Kosten pro Rechnung
  • Rechnungen je Mitarbeiter

... im IT-Service-Managment

Ob Ticket-Ping-Pong, lange Wartezeiten oder fehlende Lösungen – wenn der Helpdesk nicht liefert, führt dies zu Frust und verleitet zur Umgehung des Ticketsystems.

Process Mining zeigt, wo Sie ansetzen müssen, um SLAs einzuhalten, Service Excellence zu erreichen & den Personaleinsatz zu optimieren.

Relevante KPPIs für das IT-Service-Management:

  • Bearbeiter pro Ticket
  • Ticketqualität
  • Reaktionszeiten
  • Ticket-Liegezeiten
  • Lösungszeiten
  • (Sofort-)Lösungsquoten

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