Veröffentlicht von       Andrés Riera

Hin zu "adaptiven Dashboards": Interview Dr. Michael Burch

Beim Thema «Die vernetzte Welt der Daten: Dashboard erleben neu gedacht» wird die klassische Datenanalyse mit ihren Kennzahlen und Diagrammen zu einem interaktiven und für jeden persönlich erkundbaren Dashboard innerhalb eines daten-basierten Ökosystems. In vielen Service- und Beratungskategorien soll ein Business-Intelligence-Dashboard erst abheben können, wenn es den Software-Anbietern und den Integratoren gelingt, tatsächlich den Nerv der Kundinnen und Kunden zu treffen. Dr. Michael Burch, Dozent des Schweizerischen Instituts für Informationswissenschaft SII von der Fachhochschule Graubünden, erläutert im Interview, wie ein Software-Unternehmen mit diesem Wandel hin zu neu gedachten Dashboards umgehen kann und wie die Sicht der Forschung dazu ist.

>> Für Software- und IT-Unternehmen steht die Vernetzung von Daten seit jeher im Zentrum der Geschäftstätigkeit. Durch den Megatrend Digitalisierung und die Verbreitung von Business Intelligence erhalten Dashboards weiteren Antrieb. Welche Anwendungsszenarien sehen Sie gegenwärtig im Fokus?

Dr. Burch:

Zurzeit sind Anwendungsszenarien im Fokus, die algorithmische Methoden (Data-Science-Konzepte) mit interaktiv visuellen Verfahren kombinieren, wie etwa im Bereich des Visual Analytics. Dabei können Nutzerinnen und Nutzer direkt mit den Daten von Dashboards interagieren, also einerseits die richtigen Algorithmen anwenden und andererseits die visuellen Ausgaben interaktiv explorieren. Durch solch einen Synergie-Effekt lassen Dashboards noch bessere Lösungen zu.

 

>> Mit dem Self-Service-Konzept und Interaction Design ermöglicht man seinen Kundinnen und Kunden, selbstständig unterschiedlichste Analysen in einem Dashboard zu personalisieren. Welchen Platz nimmt Self-Service und Interaction Design in der Welt von Business Intelligence gegenwärtig und zukünftig ein?

Dr. Burch:

Self-Service nimmt einen sehr hohen Stellenwert ein. Dabei muss man auch sagen, dass gerade im Bereich Datenanalyse viele automatische Verfahren existieren, aber die Nutzerinnen und Nutzer selbstständig die richtigen Algorithmen auswählen müssen, deren Ergebnisse sie dann visuell und interaktiv explorieren. Hier spielt dann auch das Interaction Design eine grosse Rolle.

 

>> Beraten Sie selbst Unternehmen im Bereich User Experience Design? Sehen Sie hier weitere integrative Use Cases, die über die reine Zusammenführung von verschiedenen Daten als Kennzahlen und Diagramme sowie deren Visualisierung in Dashboards hinausgehen?

Dr. Burch:

Das Institut für Informationswissenschaften [SII] versucht Konzepte zu entwickeln, mit denen man die Forschung und die erzielten Ergebnisse verbessern kann. Das SII arbeitet auch im Bereich Usability und Nutzerevaluation. Mit Eye Tracking evaluiert man UI Design, Interaktionen und Visualisierungen auf Aufmerksamkeit und schafft somit auch neue Use Cases für Visual Analytics in Dashboards.

 

>> Das klassische Dashboard, welches über kontextlose Kennzahlen, Tabellen und Diagramme verfügt, sieht sich durch die Verbreitung von Business-Intelligence-Software einer Transformation gegenüber. Einzelne, unabhängig voneinander bestehende Kennzahlen und Diagramme verschwinden, während Dashboards zunehmend die Beziehung der Daten zueinander thematisieren. Wie nehmen Sie diese Veränderungen wahr?

Dr. Burch:

Diese Veränderung habe ich bereits in den letzten 10 Jahren wahrgenommen, allerdings nicht nur in Dashboards, sondern auch in allgemeinen Visualisierungssystemen. Die zugrundeliegenden Daten werden immer umfangreicher und komplexer und deshalb müssen auch die algorithmischen und visuellen, aber auch die interaktiven Techniken Schritt halten können. Dashboards verändern sich immer weiter, stossen aber auch irgendwann an ihre Grenzen, wobei klassische Visualisierungswerkzeuge viel flexibler sind.

 

>> Lassen sich gar gänzlich neue Dashboards schaffen?

Dr. Burch:

Das Design und die Funktionalität von Dashboards hängt immer von den Nutzerinnen und Nutzern sowie den Aufgaben ab, die sie mit dem Dashboard lösen möchten. Es liegen Forschungsfragen und Hypothesen zu den Daten vor, diese treiben einerseits das Design, aber auch die Interaktionen und Visualisierungen, die man im Dashboard zu Gesicht bekommt. Darüber hinaus arbeiten komplexe Algorithmen im Hintergrund, die man in einem Dashboard nicht sieht – sichtbar ist typischerweise nur das Endergebnis einer algorithmischen Berechnung. In der Zukunft wird es mehr Dashboards geben, die die Arbeits- und Funktionsweise von Algorithmen aufzeigen, um zu verstehen, warum ein Ergebnis so ist und nicht anders. Dies geschieht beispielsweise schon teilweise im Gebiet der Explainable Artificial Intelligence (XAI).

 

>> Inwiefern kann es Business-Intelligence-Dienstleistern gelingen, das individuelle Nutzungsverhalten ihrer Kundinnen und Kunden besser zu verstehen?

Dr. Burch:

Man müsste das zeitliche Nutzungsverhalten und weitere kundenspezifische Daten aufzeichnen, diese analysieren und die Ergebnisse der Analysen visuell präsentieren. Dann hätten die Dienstleistenden die Möglichkeit, etwa mit einem Dashboard oder einem Visualisierungswerkzeug Einsichten zu gewinnen – sowohl in das individuelle Verhalten als auch das Gruppennutzungsverhalten.

 

>> Bedingt durch die kontinuierlich verbesserte Business-Intelligence Software decken die stetig weiterentwickelten Dashboards und ihre Funktionen die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer immer vielfältiger ab. Der Kundennutzen und die damit verbundene Zufriedenheit sowie Akzeptanz entsteht heute weniger über klassische Darstellungen, sondern vermehrt über andere Faktoren wie Servicevielfalt an sich, Simplicity und Convenience. Wie bedient man diese Faktoren?

Dr. Burch:

Mit Ben Shneidermans 8 goldenen Regeln, die sich auf das Design von User Interfaces und somit auch Dashboards beziehen, gelingt es Simplicity und Convenience zu bedienen. Folgt man diesen 8 Regeln, deckt man diese Faktoren ab. Man könnte allerdings noch eine Eye-Tracking-Studie mit Nutzerinnen und Nutzer durchführen, um sicherzustellen, dass die Faktoren auch bedient sind bzw. wo Verbesserungsbedarf besteht, wenn dies nicht der Fall ist.

 

>> Welche weiteren Faktoren spielen eine Rolle, um Kunden und deren Bedürfnisse bei Dashboards in den Mittelpunkt zu stellen?

Dr. Burch:

Dashboards sollen möglichst viele Aufgaben für die Kundinnen und Kunden übernehmen. Allerdings steht dem entgegen, dass Dashboards dadurch schnell überladen sein können. Um dem entgegenzuwirken, müsste man die Bedürfnisse jeder einzelnen Kundin und jedes einzelnen Kunden kennen, um ein massgeschneidertes Dashboard zu entwerfen. So wäre die Kundschaft zufrieden und der Information Overflow wäre zunächst reduziert. Das Problem hierbei ist allerdings, dass man die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden kennen muss. Also könnte man hier auf jeden Fall über «adaptive Dashboards» nachdenken.

 

>> Dashboards sollen als Erlebnis wahrgenommen werden. Während für den klassischen Business Analyst die nicht-aggregierten Daten im Vordergrund stehen, sorgen Interaktion und Exploration der Daten zukünftig für ein vollständigeres Bild. Wie kann man dieses Thema angehen? Was kann dies mit sich bringen?

Dr. Burch:

Dashboards sind aus meiner Sicht kein Erlebnis. Dashboards sind Werkzeuge, mit denen man Daten algorithmisch und interaktiv visuell manipulieren, aggregieren, transformieren und letztlich analysieren kann, so dass die Nutzerinnen und Nutzer ihre Hypothesen an den Daten bestätigen, widerlegen oder verfeinern können.

 

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Andrés Riera

Andrés Riera

Andrés Riera leitet als Betriebsökonom Controlling für Sie die relevanten Daten her. Mit seinen BI-Applikationen erweitert er die Möglichkeiten unserer Kunden als Entscheidungsträger. Fragestellungen betreffend Marktanalysen, Vertriebsoptimierung und Geomapping interessieren ihn besonders. Vom ersten Kontakt an begleitet er unsere Auftraggeber, denn eine starke Beziehung bedeutet auch starken Support.

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