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Veröffentlicht von       Pascal Urban

Interview mit Prof. Dr. Rolf Hichert zu IBCS

«Es ist praktisch, wenn der Stecker in die Steckdose passt.»

Ein Bericht soll berichten – ganz ohne überladene, uneinheitliche oder verwirrende Visualisierungen. Prof. Dr. Rolf Hichert, Verfechter guten Information Designs, erläutert im Interview die Vorteile von standardisierter Business-Kommunikation und die Gründe, warum sich Fachpersonen aller Bereiche dafür interessieren sollten.

 

Die richtigen Daten richtig kommunizieren ist eine Herausforderung. Je unterschiedlicher Informationen zum Empfänger transportiert werden, desto grösser das Risiko von Missverständnissen. Das führt zu unterschiedlichen Interpretationen und sogar zu falschen Entscheidungen. Abhilfe schafft ein klares Konzept, wie Informationen dem Konsumenten präsentiert werden. Ziel ist es, die Kommunikation auf die primären Aussagen von Auswertungen oder Reports zu reduzieren. Die schnelle Erfassung des Informationsgehalts durch den Anwender steht im Zentrum. Visueller Lärm gilt es zu vermeiden, ebenso wie umfangreiche Erklärungen zu Grafiken oder Tabellen.

 

IBCS (International Business Communication Standards) übernimmt diese Aufgaben und gibt der Geschäftskommunikation eine klare Struktur. Wir haben uns dazu mit Dr. Rolf Hichert, Prof. A.D. unterhalten. Er ist Geschäftsführender Partner des HICHERT+FAISST IBCS© Institute und Präsident der IBCS Association. Im Interview wird über Mehrwert, Ziele und Resultate gesprochen, die Unternehmen mit dem IBCS-Konzept erreichen.  

«Ein Bericht soll berichten» lautet eine Ihrer prägnantesten Aussagen. Woran liegt es, dass die Umsetzung dieses Credos in der Praxis nicht immer ganz einfach zu sein scheint?

Dr. Rolf Hichert, Prof. A.D.: «Das hängt mit dem Selbstverständnis und den Kenntnissen der Berichtenden zusammen. Sie wissen viel und wollen viel. In allererster Linie müssen sie sich aber fragen, was ihre Empfängerinnen und Empfänger erfahren möchten – und wie dies auf einfache und klare Art und Weise übermittelt werden kann.» 

Als Best-Practice Beispiel haben Sie vor einigen Jahren die Schweizerische Post genannt. Was zeichnen ihre Visualisierungen aus?

Rolf Hichert: «Die Schweizerische Post hat früh damit begonnen, ihre internen Berichte standardisiert zu gestalten. Doch das Besondere waren die externen Geschäftsberichte. So war es wohl der Geschäftsbericht der Post, der möglicherweise als erster der Welt Diagramme einheitlich skalierte – mit dem berühmt gewordenen Satz: ‹Eine Milliarde Franken entsprechen 15 Millimetern.› Das war für mich eine kleine Sensation.»

Können Sie jüngere Best-Practice Beispiele zitieren?

Rolf Hichert: «Inzwischen gibt es eine beachtliche Zahl grosser Unternehmen, die sich an unseren ‹International Business Communication Standards (IBCS)› orientieren. Nicht alle sind bereit, darüber öffentlich zu berichten. So etwas kann ja auch ein Wettbewerbsvorteil sein. Auf der letzten Jahrestagung des IBCS-Vereins haben aber Vertreter der deutschen Bundeswehr, von SAP und der Deutschen Telekom eindrucksvoll berichtet, dass und wie sie sich intensiv mit dem Thema beschäftigen.» 

Mit welchen Argumenten begegnen Sie einem Management-Mitglied, das der Notwendigkeit eines internationalen Standards zur Business-Kommunikation skeptisch gegenüber steht?

 

Rolf Hichert: «Ein Standard kann etwas Gutes darstellen – muss dies aber nicht. Wenn dieser Standard allerdings eine fachliche Verbesserung darstellt, gibt es keinen Grund, ihm nicht zu folgen. Bisher ist mir die Überzeugung meistens gelungen, wenn ich mich mit der oberen Führungsebene eines Unternehmens unterhalten konnte. Es ist eher das mittlere Management, das solchen Veränderungen mit Skepsis begegnet. Wohl vor allem, weil dadurch wegen noch fehlender Software-Unterstützung viel Mehrarbeit anfallen kann.» 

Benötigt eine gute visuelle Gestaltung überhaupt noch schriftliche Erläuterungen?

Rolf Hichert: «Visuelle Gestaltungen sind dann gut, wenn sie die beabsichtigten Botschaften gut übermitteln. Bilder sind mächtige Instrumente, um Gesagtes zu verdeutlichen. Ohne den verbalen Ausdruck können wir aber wenig sagen. Wir sind mit Bildern allein also wohl kaum in der Lage, komplexe betriebliche Sachverhalte in angemessener Zeit zu vermitteln.» 

Ohne Botschaft kein Inhalt. Ein Grundprinzip der Kommunikation – und Ihr Credo. Setzt eine gute Informations-Visualisierung immer fundierte Kenntnisse der Materie voraus?

Rolf Hichert: «Ja. Denn wie kann ich etwas visualisieren, wenn ich nicht weiss, worum es geht?» 

Sprechen Sie mit Ihrer Lehre ausschliesslich Controller an?

Rolf Hichert: «Nein, aber Controller sind diejenigen, die sich im Unternehmen am intensivsten damit beschäftigen, quantitative, oft finanzielle Daten aufzubereiten. Deshalb fühlen sich Controller am ehesten angesprochen, wenn es um eine Standardisierung der ‚Business Communication’ geht. Sie und allgemein Betriebswirte könnten viel lernen von standardisierten Visualisierungen, wie sie in anderen Disziplinen – bei Musikern, Meteorologen, Ingenieuren, Architekten usw. – seit langer Zeit üblich sind.» 

Fachpersonen sollten sich ebenfalls für einheitliche Notationsregeln interessieren?

Rolf Hichert: «Einheitliche visuelle Darstellungen bieten für alle Beteiligten einen Mehrwert. Die meisten Standards – von Verkehrsschildern bis zur Notenschrift – bieten ja Vorteile. Oder denken Sie an Stecker und Steckdosen, elektrische Spannungen oder Papierformate. In einem Betrieb sollten sich deshalb alle Fachpersonen für einen einheitlichen visuellen Standard für die Darstellung von Zahlen und Fakten interessieren. Personalzahlen, Angebote, Leistungszahlen, Kosten usw. gibt es ja nicht nur im Controlling.» 

Berichte zu erstellen erfordert Fachkenntnis und Visualisierungskompetenz. Welche Rolle spielt die Software dabei?

Rolf Hichert: «Sie spielt heute die alles entscheidende Rolle. Noch so schöne Gestaltungsstandards werden scheitern, wenn sie nicht mit geeigneter Software abgebildet werden können. Im letzten Jahr hat sich hier eine Menge getan. Bereits konnten wir die ersten beiden Software-Produkte ‹zertifizieren›, weil sie gewisse Visualisierungsstandards in einfacher Form ermöglichen. Excel ist nicht mehr die einzige Lösung zur Datenvisualisierung.» 

Jeder Bericht ist letztlich subjektiv. Haben Praxisbeispiele überhaupt eine Chance, vor Ihrem kritischen Auge zu bestehen?

Rolf Hichert: «Natürlich ist jeder Bericht subjektiv. Es geht ja gerade darum, dass die Berichtenden ihre Meinungen kundtun. Wenn dies nicht der Fall ist, wenn es also um eine standardisierte Datenanalyse ohne Interpretation geht, ohne persönliche Einschätzung, so ist dies kein Bericht mehr, sondern eine Statistik. In beiden Fällen wäre es aber sinnvoll, wenn sich die Verfasser an allgemein gültige und im Unternehmen verabschiedete Gestaltungsstandards hielten. Bei den Inhalten gibt es selbstverständlich Interpretationsspielräume – nicht aber bei deren Gestaltung. Genauso wenig wie bei den Abmessungen unserer Stecker: Es ist einfach praktisch, wenn sie alle in unsere Steckdosen passen.»

 

Pascal Urban: Herr Hichert, herzlichen Dank für Ihre Antworten!

 

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Pascal Urban

Pascal Urban

Als Betriebsökonom und langjähriger Mitarbeiter von Heyde kümmert sich Pascal Urban insbesondere um die Optimierung von Unternehmensprozessen entlang der Wertschöpfungskette. Sein feines Gespür für die Bedürfnisse der Kunden und sein grosses Interesse an der besten Lösung machen ihn sowohl unternehmensintern als auch für Kunden zu einem äusserst geschätzten Ansprechpartner in allen Projektphasen.

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