Veröffentlicht von       Michael Gehrig

Präsenzmanagement: Unverzichtbar im HR-Controlling

Wenn Mitarbeiter ungeplant ausfallen, leidet das Unternehmen...

 

Absenzen kosten viel Geld, stören die betrieblichen Abläufe und können sich negativ auf das Betriebsklima auswirken. Hier gilt es, proaktiv gegenzusteuern! 

 

Ein wichtiges Tool hierfür ist das Präsenzmanagement, das darauf abzielt, Absenzen und deren Ursachen frühzeitig anzusprechen und damit langfristig Ausfälle zu vermeiden

 

--> Worum es in diesem Text nicht geht: digitales Präsenzmanagement bzw. Standortdatenmanagement als SEO-Aufgabe; Präsenzmanagement-Systeme mit Auskunft über die Erreichbarkeit der Mitarbeiter.

 

Das Präsenzmanagement – alternativ auch als Absenzmanagement bzw. Fehlzeitenmanagement bezeichnet – zählt zu den klassischen Führungsaufgaben. Wichtige Faktoren für die erfolgreiche Umsetzung sind: 

  • Etablierung eines Stufenplans mit Gesprächsleitfäden und Dokumentationshilfen 
  • Implementierung einer Präsenzmanagement-Software für mehr Transparenz  
  • Schulung der Vorgesetzten & unternehmensinterne Kommunikation 

Warum entstehen Absenzen – und warum sind keine Fehltage auch keine Lösung? 

In der Schweiz fällt jeder Angestellte im Schnitt 6,5 Tage im Jahr aus – so die Angabe die Schweizerischen Unfallversicherung suva. 

 

Ist dieser Wert in Ihrem Unternehmen deutlich höher? Hohe Fehlzeiten sind nicht nur ein erheblicher Kostenfaktor, sondern auch ein Warnsignal: Irgendetwas läuft schief! Hier gilt es nachzuforschen, um wirksam gegensteuern zu können – liegt es am kollektiven Blaumachen oder stecken andere Gründe dahinter? 

 

Dabei kann man die möglichen Ursachen für Fehlzeiten in drei Kategorien gruppieren:  

  • persönliche Faktoren, insb. Alter, Geschlecht, Qualifikation und familiäre Situation der Mitarbeitenden
  • Umweltfaktoren wie Konjunktur, Jahreszeit oder die Covid-19-Pandemie
  • betriebliche Faktoren, z.B. Betriebsklima, Führungsverhalten, Arbeitszeit, Arbeitsinhalt, Arbeitsplatzsicherheit und Entlohnung

 

Dass Faktoren, die hohe Fehlzeiten begünstigen – bspw. Mobbing im Team & fehlende Aufstiegschancen, problematisch sind, liegt auf der Hand.  

 

Doch auch grundsätzlich positive Faktoren, die Absenzen entgegenwirken – starker Teamgeist & die Aussicht auf baldige Beförderung, können im Übermass zu Problemen führen:

Eine Kultur des Präsentismus, in der auch eigentlich kranke Mitarbeitende zur Arbeit erscheinen, um die Kollegen nicht im Stich zu lassen oder den nächsten Karrieresprung nicht zu verpassen, begünstigt die: 

  • Häufung von Fehlern & Unfällen bei der Arbeit  
  • Verschleppung und/oder Chronifizierung von Erkrankungen 
  • Ausbreitung von Infektionen innerhalb des Betriebs 

 

Daher können – wie in der Überschrift vorweggenommen – keine Fehltage auch keine Lösung sein; vielmehr sind auch aussergewöhnlich niedrige Absenzen als mögliches Warnsignal zu werten. 

 

Die systematische Erfassung & Analyse von Fehlzeiten im Rahmen des Präsenzmanagements bildet daher eine wichtige Komponente des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. 

Präsenzmanagement als Komponente des Betrieblichen Gesundheitsmanagements 

Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) verfolgt das Ziel, die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden langfristig zu erhalten und zu fördern. Dies entspricht sowohl dem betrieblichen Interesse als auch der sozialen Verantwortung des Arbeitsgebers gegenüber den Mitarbeitern. 

 

Die Aufgaben des BGM können in drei Bereiche gegliedert werden: Prävention, Früherkennung & Integration

BGM-Präsenzmanagement

 

Bei der Früherkennung geht es um die rechtzeitige Wahrnehmung von Problemen, die die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeitenden und damit auch die betrieblichen Abläufe gefährden können. Diese Aufgabe fällt hauptsächlich in die Verantwortung der Vorgesetzen:  

  • Leistung & Verhalten der Mitarbeitenden lassen oft schon frühzeitig Warnsignale erkennen: Macht ein sonst zuverlässiger Kollege zunehmend Fehler oder lässt er wichtige Aufgaben liegen? Zieht er sich zurück oder gerät er durch unangemessen empfindliches bzw. aggressives Verhalten vermehrt in Konflikte mit anderen Teammitgliedern?
  • Gehäufte Absenzen sind ein weiteres Warnsignal, weshalb die Fehltage im Rahmen des Präsenzmanagements systematisch erfasst & ausgewertet werden sollten. Fehlt der Kollege häufiger, über längere Zeit oder bspw. jeden Montag, so dass er das Team-Meeting versäumt? 

 

Werden solche Warnsignale frühzeitig erkannt, können die Vorgesetzen – gemäss den im Stufenplan festgelegten Massnahmen – zeitnah intervenieren, um längere oder gar dauerhafte Ausfälle bestmöglich zu vermeiden. 

Warum sich Präsenzmanagement rechnet 

Die Etablierung und Umsetzung eines systematischen Präsenzmanagements im Unternehmen bedeutet natürlich einen Aufwand, den es gegen den zu erzielenden Nutzen abzuwägen gilt.  

 

Dazu erklärt Karin Mahler, Leiterin Arbeitsmarktfähigkeit, Gesundheit und Soziales bei der SBB AG:  

„Früherkennung hat einen nachweisbaren positiven Effekt auf die Genesung der Mitarbeitenden sowie auf die Dauer der Fälle und ermöglicht auch eine frühere Rückkehr an den Arbeitsplatz. Oder anders gesagt: Früherkennung und Massnahmen zum Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit bedeuten zwar Aufwand, rechnen sich aber unter dem Strich für die SBB.“ (Mai 2016, Interview auf arbeitgeber.ch) 

 

Auf der betrieblichen Ebene lohnt erfolgreiches Präsenzmanagement gleich mehrfach. Geringere Fehlzeiten bedeuten: 

  • geringere Absenzkosten, von Lohnfortzahlungen bis hin zu ggf. Kosten für erforderliche Überstunden oder Zeitarbeitskräfte.  
  • höhere Produktivität, mit positiven Auswirkungen auf die Produkt- & Dienstleistungsqualität sowie die Innovationsfähigkeit des Unternehmens 
  • verbessertes Betriebsklima & Rekrutierungsvorteil durch das Image als guter Arbeitgeber 

 

Auch auf der individuellen Ebene wirkt sich das Präsenzmanagement positiv aus, denn natürlich profitieren auch die Mitarbeiter selbst von der frühzeitigen Intervention bei physischen & psychischen Problemen am Arbeitsplatz.

Last but not least ist das Präsenzmanagement auch auf volkswirtschaftlicher Ebene nutzbringend, da die verringerten Absenzen auch eine Dämpfung der Lohnnebenkosten bewirken. 

In drei Schritten zum erfolgreichen Präsenzmanagement 

Die Entscheidung zum Aufbau eines systematischen Präsenzmanagements wird in der Regel auf Ebene der Geschäftsleitung getroffen. Idealerweise sollte diese mit einer klaren Zielsetzung, einem Zeitplan und der Bereitstellung die nötigen Ressourcen verbunden sein.

 

1. Prozess: Erarbeitung eines Stufenplans

Der Stufenplan definiert den Prozess für den Umgang mit wiederkehrenden Absenzen. Er umfasst: 

  • Interventionsstufen mit festgelegten Massnahmen
  • Gesprächsleitfäden & Dokumentationshilfen
  • Auflistung von Ansprechpartnern & Ressourcen zur Organisation konkreter Unterstützungsmassnahmen
  • Best Practices

 

Bei der Erarbeitung kann eine Bestandsaufnahme der bisherigen Führungspraxis sehr hilfreich sein: Wie gehen die einzelnen Vorgesetzen mit Absenzen um, welche Grenzwerte haben sich eingebürgert, welche Massnahmen haben sich bewährt und welche nicht? 

Die folgende Grafik zeigt ein Beispiel für einen vierstufigen Präsenzmanagement-Prozess: 

 präsenzmanagement-prozess-2

Quelle: Herausforderung Eingliederungsmanagement. Das Präsenzmanagement von PostMail. URL: https://www.das-eingliederungsmanagement.ch/wp-content/uploads/sites/191/2020/06/FL_HerausforderungEingliederungsmanagementFHOlten-1.pdf 

 

2. Technik: Auswahl & Implementierung der Präsenzmanagement-Software

Eine Software-Lösung für das Präsenzmanagement unterstützt die Vorgesetzten durch die automatisierte Erfassung & Analyse der Absenzdaten. Zu den wichtigsten Funktionen zählen: 

  • Erstellung von Präsenz-Reports bzw. Absenz-Spiegeln für die einzelnen Mitarbeitenden
  • Benachrichtigung der Vorgesetzten bei Erreichen der festgelegten Interventionspunkte, bspw. per E-Mail mit dem jeweils benötigten Gesprächsleitfaden 

 

3. Schulung & Information

Last but not least gilt es, die Vorgesetzten im Umgang mit Kurz- und Langzeitabsenzen zu schulen. Ergänzend zur Besprechung prozeduraler und technischer Fragen kann auch ein Gesprächstraining stattfinden; möglich ist auch ein gemeinsamer Kick-off-Workshop mit den Ansprechpartnern in HR und BGM.

 

Abschliessend sollten auch die Mitarbeitenden über die Grundzüge des neu eingeführten Präsenzmanagements informiert werden. Im weiteren Verlauf sollten die aktuellen Absenzzahlen sowie das erwartete Verhalten bei einer Absenz regelmässig kommuniziert werden. 

Präsenzmanagement als Führungsaufgabe: worauf es in der Praxis ankommt 

Für die Vorgesetzten bedeutet das systematische Präsenzmanagement oft eine willkommene Entlastung: Sie müssen nicht mehr in jedem Einzelfall überlegen, ob schon ein Gespräch nötig ist oder nicht und wie dieses zu führen wäre, sondern können auf objektive Kriterien & Leitfäden zurückgreifen. 

 

Dazu seien hier beispielhaft zwei Gesprächstypen vorgestellt: 

  • Rückkehrgespräch: Nach jeder Absenz, ob infolge von Krankheit oder Unfall, wird ein kurzes informelles Rückkehrgespräch geführt. Im ersten Teil gilt es, Aufmerksamkeit & Wertschätzung zu kommunizieren, Vertrauen & Nähe zu schaffen – schön, dass Du wieder da bist! Wie geht es Dir? Im zweiten Teil gibt es ein kurzes Update zu relevanten Ereignissen & Informationen, die während der Absenz angefallen sind.
  • Kümmergespräch: Als erste Interventionsstufe bei auffälligen Absenzen sieht der Stufenplan in der Regel zunächst ein Vier-Augen-Gespräch vor. Ziel ist es zu erfragen, ob es einen Zusammenhang zwischen den Absenzen und einer übermässigen Belastung und/oder fehlenden Ressourcen am Arbeitsplatz gibt. Ist dies der Fall, so werden denkbare Lösungsoptionen besprochen und anschliessend geeignete Massnahmen vereinbart. Falls die Ursachen für die Absenzen jedoch im Privaten liegen, bleibt es den Mitarbeitenden überlassen, ob sie diese besprechen möchten oder nicht.

 

Der Persönlichkeitsschutz hat bei diesen Gesprächen stets oberste Priorität:

So dürfen die Vorgesetzten weder nach dem Grund einer Krankschreibung noch nach Details zum Krankheitsverlauf fragen. Selbst wenn die Mitarbeitenden diese Informationen von sich aus preisgeben, sind bei der Dokumentation nur übergeordnete Krankheitsbeschreibungen und für die Tätigkeit relevante Beschwerden zu vermerken. 

Vom Präsenzmanagement zu weitergehenden Massnahmen 

In vielen Fällen kann das gehäufte Auftreten von Absenzen schon auf den ersten Interventionsstufen, d. h. durch persönliche Gespräche zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten bzw. HR-Vertretern zufriedenstellend geklärt werden. Wenn sich jedoch abzeichnet, dass Mitarbeitende ihren Aufgaben krankheitsbedingt nicht mehr gewachsen sind, gilt es eine zukunftsfähige Lösung zu finden.  

 

Dabei bieten die Sozialwerke umfangreiche Unterstützung, unter anderem: 

  • Früherfassung von arbeitsunfähigen Versicherten: Nach wiederholten Kurzabsenzen oder einer 30 Tage andauernden Arbeitsunfähigkeit kann der Arbeitgeber die Invalidenversicherung (IV) kontaktieren, um eventuelle Massnahmen zur Abwendung einer Invalidität zu besprechen. Der Arbeitnehmer muss darüber informiert werden.
  • Frühintervention: Der Arbeitgeber kann bei der IV bis zu CHF 20‘000 beantragen, wenn er sich bemüht, den bisherigen Arbeitsplatz arbeitsunfähiger Versicherter durch bestimmte Massnahmen zu erhalten oder einen neuen Arbeitsplatz einzurichten.
  • Berufsberatung & Umschulung: Wenn der Arbeitgeber erfahrene Mitarbeitende im Unternehmen halten möchte, obwohl sie ihre ursprüngliche Tätigkeit nicht mehr ausüben können, gibt es aufseiten der IV umfangreiche Unterstützung im Bereich Berufsberatung & Umschulung.

 

Für weitere Informationen zu unseren Präsenzmanagement-Applikationen kontaktieren Sie mich gerne >>

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