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Veröffentlicht von       Marc Kaiser

Qlik Sense oder Power BI? Was macht Sinn?

Inzwischen existieren viele Tool-Vergleiche, so auch Qlik Sense vs. Power BI. Oft mit einer einseitigen Tendenz und teilweise sehr subjektiv geprägten bis zu irreführenden Aussagen. Dieser Vergleich hat das Ziel einer möglichst fairen Gegenüberstellung, auch wenn der Inhalt von einem Qlik-Mitarbeitenden stammt.

 

Vorab ist festzuhalten, dass der vorliegende Text den aktuellen Entwicklungsstand beider Werkzeuge per September 2019 wiedergibt. Sowohl Qlik Sense wie auch Power BI werden kontinuierlich weiterentwickelt. Mit der Konsequenz, dass die eine oder andere Aussage in diesem Beitrag in Zukunft nicht mehr aktuell sein wird.

 

Die folgenden Bemerkungen beruhen auf der Analyse öffentlich verfügbarer Quellen zu beiden Plattformen. Der Inhalt dieses Beitrages wurde ursprünglich von Lee Matthews, Principal Solution Architect bei Qlik, auf LinkedIn publiziert und mit seiner Genehmigung auf Deutsch bei Heyde veröffentlicht. Hier der Link zu seinem LinkdedIn-Artikel.

Funktionalität

Ein häufiger Fehler der meisten BI-Vergleiche ist die zugrundeliegende Annahme, dass man Äpfel mit Äpfeln vergleicht. Das trifft bei Qlik Sense und Power BI jedoch nicht zu: Beide Plattformen haben ein jeweils eigenes Set von Funktionen, das zu bestimmten Anwendungsfällen und Implementationsszenarien passt.

 

Daher möchte ich zunächst einen Überblick geben, was jede Plattform kann. Die folgende Grafik zeigt eine Zusammenfassung des Nutzungsmodells beider Plattformen.

qlik-sense-vs-power-bi-2

 

Auf den ersten Blick scheint der Funktionsumfang ähnlich: Oberhalb der Datenmodelle werden multiple Arbeitsblätter mit Visualisierungen erstellt, die den Anwendern helfen, die Daten zu verstehen.

 

Beide Plattformen ermöglichen dynamische Datenabfragen in natürlicher Sprache, beide können aus denselben Daten statische Berichte erstellen. Auf den zweiten Blick jedoch gibt es grosse Unterschiede in der Funktionsweise:

  • Beide BI-Tools produzieren optisch ansprechende Visualisierungen. Qlik bietet jedoch interaktivere Visualisierungen für Anwender: Sie können das Diagramm verändern – die Dimensionen und Masseinheiten, das zur Sortierung genutzte Feld, die zur Farbgestaltung genutzte Masseinheit usw. – wobei nur die Diagrammansicht des aktuellen Nutzers verändert wird. Diese Option haben Datenkonsumenten in Power BI nicht.
  • Qlik ermöglicht den Anwendern, nach jedem Feld eines Datasets zu filtern, selbst wenn dieses in keinem Arbeitsblatt oder Diagramm sichtbar ist. Das funktioniert entweder über eine Google-ähnliche Suchfunktion oder ein eingebautes Datenfeld-Panel, das die Beziehungen zwischen allen Werten in allen Feldern zeigt. Das ist das Assoziative Sucherlebnis von Qlik – und das ist ziemlich einmalig.
  • Bei Qlik wird der Auswahl-Kontext des Nutzers über alle Arbeitsblätter für jedes Feld standardmässig beibehalten, was unkomplizierte Anschlussfragen über die gesamte Anwendung hinweg ermöglicht.
    Die Arbeitsblätter in Power BI dagegen funktionieren standardmässig unabhängig voneinander, obwohl die Entwickler globale Filter ergänzen können.
  • Weil Qlik immer den aktuellen Auswahl-Kontext beibehält, werden die vom Insight Manager generierten Erkenntnisse durch diese Auswahlen gelenkt. Bei Power BI wird der Kontext nicht beibehalten und so kann die Q&A Abfrage nur einfache Filter anwenden.
  • Power BI hat das Konzept eines Dashboards, auf dem Visualisierungen aus mehreren Berichten und Datasets zusammengestellt werden können, allerdings nur innerhalb einer App. Bei Qlik gibt es kein derartiges Konzept.
  • Qlik ermöglicht den Anwendern, oberhalb der publizierten App und Datasets eigene Arbeitsblätter und Visualisierungen zu erstellen, wobei eine kontrollierte Bibliothek der in die App eingebauten Geschäftslogik zum Einsatz kommt. Power BI scheint dieses Level von Self-Service nicht anzubieten. Die Nutzer können nur mit dem interagieren, was der Power BI Entwickler bereitgestellt hat. Wer ein anderes Diagramm erstellen möchte, muss Entwickler sein und eine eigene, bearbeitbare Kopie des Berichts besitzen. (Eine ausführlichere Diskussion zu Self-Service-BI bietet dieser Artikel von Lee Matthews).
  • Power BI Quick Insights steht nur App-Entwicklern zur Verfügung – Qliks Associative Insights dagegen ist sowohl für Entwickler wie auch Anwender zugänglich.
  • Eine der Stärken von Qlik ist die Geo-Analytics. Unabhängige Analysten werten Qliks Geo-bezogene Visualisierungs- und Analysefähigkeiten als die besten unter allen aktuell am Markt erhältlichen BI-Tools.

 

Die obige Auflistung zeigt, dass die Funktionalität von Qlik stark darauf fokussiert ist, den Anwender zu befähigen, Fragen zu stellen und Antworten zu finden, ohne einen App-Entwickler hinzuzuziehen.

 

Das Modell von Power BI scheint eher dahin zu gehen, dass der App-Entwickler jedes Mal gefordert ist, wenn eine neue Frage auftaucht. Sonst bräuchte jeder Power-BI-Nutzer eine bearbeitbare Kopie der App, was zu Governance-Problemen und „Berichtswildwuchs” führen kann.

Implementierung

Qlik Sense kann lokal (On Premise), beim eigenen Cloud-Anbieter oder als vollständig von Qlik gehostete Version (SaaS) implementiert werden. Alle Varianten bieten einen ähnlichen Funktionsumfang. Auch eine kombinierte Implementierung ist ohne zusätzliche Kosten möglich – so können die Analyse-Komponenten von Qlik dort zur Verfügung gestellt werden, wo sie benötigt werden, ohne alle Daten zu einem einzelnen Cloud-Anbieter transferieren zu müssen.

 

Alle hier beschriebenen Funktionen von Power BI entsprechen der kompletten Online-Version (SaaS). Bei einer On-Premise-Implementierung bietet der Power BI Report Server ein reduziertes Set an Funktionen. Der Zugriff darauf erfordert jedoch eine Power BI Premium Lizenz (mehr dazu im Abschnitt „Lizensierung”).

Lizensierung

Qlik bietet ein Einstiegspreismodell für eine vollständig gehostete Version von Qlik Sense sowie ein Preismodell für Unternehmen, das es ermöglicht, Qlik Sense mit einer Anwenderlizenz über mehrere Umgebungen (On-Premise, Multi-Cloud, SaaS) zu implementieren.

 

Für grössere Anwenderzahlen sind abgestufte Preismodelle verfügbar. Ein Vergleich dieser Optionen findet sich hier auf der Qlik-Website.

 

Qlik Einstiegslizenzen

 

  • Qlik Sense Business (nur SaaS) 30 US$ je Anwender und Monat

 

Qlik Unternehmenslizenzen

 

  • Entwickler & Datenkonsument (Professional) 70 US$ je Anwender und Monat
  • Datenkonsument (Analyzer) 40 US$ je Anwender und Monat

 

Microsoft bietet ein Einstiegspreismodell für eine vollständig gehostete Option mit der Bezeichnung "Power BI Professional". Es gibt auch ein Preismodell für Unternehmen namens "Power BI Premium", das zu einer bestimmten Zahl dedizierter Prozessorkerne in der Power-BI-Cloud berechtigt. Mit Premium ist man zugleich berechtigt, den Power BI Report Server On-Premise zu betreiben. Dabei ist zu beachten, dass man selbst mit einem Power BI Premium Abonnement immer noch eine Power BI Professional Lizenz für jeden Entwickler braucht. Einen Vergleich von Power BI Professional und Premium gibt es hier.

 

Power BI Einstiegslizenzen

 

  • Power BI Professional 10 US$ je Anwender und Monat

 

Power BI Premium (+ Entwickler à 10 US$ je Anwender und Monat)

 

  • P1 = 8 virtuelle Cores & 25 Gb RAM 5'000 US$/Monat
  • P2 = 16 virtuelle Cores & 50 Gb RAM 10'000 US$/Monat
  • P3 = 32 virtuelle Cores & 100 Gb RAM 20'000 US$/Monat

Für ein kleines Unternehmen erscheint der Einstiegspreis von Power BI Professional sehr attraktiv. Doch obwohl dieser nur bei einem Drittel der Kosten für das Einstiegsangebot von Qlik liegt, sind folgende Faktoren zu bedenken:

 

  • Der Funktionsumfang beider Plattformen ist – wie oben erläutert – nicht identisch. Hier muss also geprüft werden, wie gut sie den eigenen Bedürfnissen entsprechen. Ebenso zu bedenken sind Unterschiede hinsichtlich der Grössenbegrenzung für Apps, Speichervolumen und Aktualisierungsrate.
  • Das Fehlen von Self-Service-Funktionalität für Power-BI-Datenkonsumenten kann zu höheren Ausgaben für die Berichtentwicklung führen (Dienstleistungen). Natürlich kann jeder eine editierbare Kopie jedes Power-BI-Reports bekommen, aber das könnte zu Berichtswildwuchs, hohen Governance-Kosten und multiplen „Versionen der Wahrheit“ führen.
  • Ebenfalls zu berücksichtigen ist die Performance auf der Plattform. Hier ist zu beachten, dass Microsoft in der ersten Premium-Stufe 5'000 US$/Monat für 8 virtuelle Cores und 25 GB RAM berechnet. Angesichts dessen frage ich mich, wie viel tatsächliche Ressourcen man für den Monatspreis von 10 US$ pro Anwender tatsächlich bekommt? Hier sollte man auf Nummer sicher gehen und die jeweils komplexesten Datenmodellierungs- und Visualisierungsanforderungen auf jeder Plattform testen, um zu sehen, wie sie abschneiden.
  • Wenn die Daten in eine bestimmte Cloud kopiert werden müssen, um die BI-Strategie zu unterstützen, müssen alle Kosten für Transfer & Speicherung der Daten berücksichtigt werden.
  • Sobald ein Unternehmen zu skalieren beginnt, kann sich herausstellen, dass Power BI nicht länger die preisgünstigere Alternative ist. Nehmen wir als Beispiel eine Abteilung oder ein kleines Unternehmen mit 5 Entwicklern und 50 Datenkonsumenten. Das könnte man mit 55 „Power BI Professional“-Anwendern zu jährlichen Gesamtkosten von 6.600 US$ abdecken, aber sobald ein Wechsel zu Power BI Premium nötig wird, kostet es:

 

Power BI = 5 Professional (5 x 120 US$) + P1 Premium (4.995 US$ x 12) = 65'940 US$/Jahr

Qlik Sense Enterprise dagegen ermöglicht die Implementierung über mehrere Online-Umgebungen und On-Premise, kostet aber deutlich weniger:

 

Qlik Sense = 5 Professional (5 x 840 US$) + 50 Analyzer (50 x 480 US$) = 28'200 US$/Jahr

Im obigen Beispiel wird Power BI schliesslich doppelt so teuer wie Qlik. Warum könnte ein Hochskalieren auf Power BI Premium erforderlich sein? Mögliche Gründe wären das Bedürfnis nach grösseren Power BI Apps, einer höheren Aktualisierungsrate oder On-Premise-Berichtsanforderungen via Report Server.

Zusammenfassung

Es ist ein Mythos, dass Power BI preisgünstiger ist. Sobald Power BI Premium gebraucht wird, kann es schnell teurer als Qlik werden. Zudem sind die Kosten für die ständige Weiterentwicklung und Governance der Inhalte zu berücksichtigen. Da Power BI weniger interaktive Inhalte und wenig Self-Service für die Datenkonsumenten bietet, scheint es fair anzunehmen, dass diese Kosten bei Power BI höher sein werden.

 

Qlik Sense und Power BI bieten verschiedene Funktionalitäten und Lizensierungsoptionen. Diese müssen genau analysiert werden, um zu sehen, wie gut sie zu den langfristigen Daten- und Analyseanforderungen jedes Unternehmens passen.

 

Qlik Sense bietet in folgenden Bereichen bessere Leistung:

  • kontrollierter Self-Service für Datenkonsumenten
  • On-Premise- und Multi-Cloud-Funktionalität
  • Umfassende Geo-Analytics-Anwendungsfälle

 

Da Qlik Sense stärker konfigurierbare Visualisierungen bietet und Nutzer sogar auf solche Daten zugreifen können, die nicht in den Arbeitsblättern angezeigt werden, lässt sich argumentieren, dass Qlik Sense überall dort die bessere Option ist, wo sich die Berichtsanforderungen häufig ändern.

 

Power BI scheint eher designed für „erweitertes Unternehmens-Berichtswesen”, wo ein striktes „Build & Consume“-Modell ausreicht. Das scheint auch im Power BI Premium-Rechner reflektiert: Angeblich soll das P1 Premium-Angebot mit nur 8 Cores und 25 GB RAM bis zu 1'360 regelmässige Nutzer und 60 Entwickler unterstützen. Zudem sind die 8 Kerne zwischen der Verarbeitung von Frontend-Rendering und Backend-Abfragen aufgeteilt.

 

Somit sollen nur 4 virtuelle Cores die Anfragen von 1'360 regelmässigen Nutzern stemmen können. Meiner Meinung nach wäre dazu ein äusserst geringes Mass an Anfragekomplexität, Datenvolumen und gleichzeitiger Nutzung erforderlich.

 

Neugierig geworden? Wer Qlik in Aktion erleben will, findet hier die Desktop-Version zum kostenlosen Download für die lokale Nutzung - voller Funktionsumfang und ohne zeitliche Einschränkung.

 

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Marc Kaiser

Marc Kaiser

Als Betriebsökonom und BI-Spezialist garantiert Marc Kaiser den Miteinbezug aller relevanten Zusammenhänge. Dank seiner langjährigen Erfahrung im Bereich Business-Applikationen besitzt er die wertvolle Fähigkeit, auch komplexeste Kundenanforderungen in griffige Lösungen umzusetzen. Kunden und Mitarbeitende schätzen seine ausserordentliche Fähigkeit zuzuhören und seine systematische und analytische Art, Probleme in Lösungen zu überführen.

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